Gute Zäune, gute Nachbarn
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Von Ali Salem
„Ein guter Zaun schafft gute Nachbarn.“ An diesen berühmten Satz aus einem schönen Gedicht des amerikanischen Dichters Robert Frost musste ich denken, als ich den Vortrupp von verschleierten Hamas-Frauen betrachtete, die die Grenzmauern zwischen Palästina und Ägypten zu durchbrechen versuchten. Letztlich ging dieser Tag gut zu Ende, nachdem es den ägyptischen Sicherheitskräften gelang, sie aufzuhalten.
Am Morgen des nächsten Tages wurde die Mauer an der Grenze zwischen dem palästinensischen Rafiah und dem ägyptischen Rafiah niedergerissen, nicht durch Elend und Hunger, sondern Dynamit. So brachen Hunderttausende Bewohner des unglückgeplagten Gaza ins ägyptische Rafiah und nach El-Arish ein, nachdem die ägyptischen Sicherheitskräfte angewiesen worden waren, sie passieren zu lassen, um ein Massaker zu verhindern.
In jedem Machtapparat gibt es subversive Elemente. Wie es scheint, war der Bulldozer-Flügel der Hamas auf den Terror-Flügel eifersüchtig, der seine Funktion auf der besseren Seite erfüllte. Auf diese Weise wuchs der Bulldozer über die Maße, um andere Teile der Mauer zum Einsturz zu bringen und die Durchfahrt von Autos vom palästinensischen Rafiah ins ägyptische Rafiah und nach El-Arish zu ermöglichen. So sahen die Ägypter, und mit ihnen die ganze Welt, die Autos mit palästinensischen Kennzeichen auf ihren Straßen fahren. Dies ist es, was die Bewohner Ammans in Jordanien vor dem September 1970 sahen.
Bruder Chaled Mashal hat um einen Dialog gebeten (bei dieser Gelegenheit merke ich an, dass die Zahl der Dialoge zum palästinensischen Problem diejenige aller Dialoge in allen Dramen und Filmen jedweder Länge in der Geschichte übersteigt). Er hat gewiss verstanden, dass der Dialog zwischen Hamas und Fatah, der in Mekka geführt wurde, und zuvor in Kairo, Dutzende Male, zu nichts geführt hat, da ihm ein Mauerdurchbruch mit Ägypten fehlte.
Die ägyptische Regierung hat die zwei rivalisierenden palästinensischen Autoritäten nach Kairo gerufen, um den geforderten Dialog zu führen. Was seinen Ausgang angeht, hege ich keinerlei Zweifel. Er wird ein Scheitern in jeder Hinsicht sein. Schließlich kann ein Dialog nur glücken, wenn die beiden Seiten ihre Triebe zugunsten des Interesses ihres Volkes beherrschen können. Aber der extremistische Revolutionär sagt sich: „Nimm an einem Dialog teil, gelange zu einem Abkommen, unterzeichne es, stehe von deinem Stuhl auf, drücke deinem Rivalen einige warme Küsse auf die Wange, danach versetze ihm einen Schlag und dann fordere einen neuen Dialog und nutze zwischenzeitlich das im vorigen Dialog Erreichte für deine Zwecke, während du dich auf den nächsten Dialog vorbereitest.“
Und wenn Frost sagte, dass gute Zäune gute Nachbarn schaffen, dann hat der ägyptische Fellache eine wichtige Regel aufgestellt: „Es gibt keine gute Nachbarschaft nach dem Niederbrennen des Feldes.“ Zwar gab es kein Feld an der ägyptischen Grenze, aber es gab Mauern, die die Souveränität Ägyptens symbolisierten. Diese Mauern wurden niedergebrannt. Das ist es, was jeder Ägypter gesehen hat, und das ist es, was in ihm die Identifikation mit dem Leid seiner ägyptischen Nachbarn verursacht hat. Aber die politischen Eliten haben das anders gesehen: „Wir sind auf der Seite Gazas.“
Dabei machte keiner von ihnen klar, wen er in Gaza unterstützt, und keiner von ihnen stand auf der Seite des ägyptischen Rafiahs und El-Arishs oder auf der Seite der 38 ägyptischen Polizisten, die von ihren fanatischen Brüdern verletzt wurden. Wären wir Feinde Israels, dann wäre die Hamas-Regierung als Feind Israels unser Freund. Da aber Rafiah und El-Aris zu einem Staat gehören, der ein Friedensabkommen mit Israel unterzeichnet hat, ist die Hamas nicht unser Freund. Die Logik der ägyptischen Eliten bewegt sie dennoch dazu, sich den faschistischsten Ansichten in der Region anzunähern, nur weil sie gegen Israel sind.
Die Haltung des Volkes ist anders, da die Wohlstandskultur im Kreis der Eliten nicht in ihr Hirn einzudringen und sich dort einzunisten vermag. Die breite Öffentlichkeit weiß eines: „Es gibt keine gute Nachbarschaft nach dem Niederbrennen des Feldes.“ Um Himmels Willen, Hamas, ihr habt unser Herz verbrannt, nachdem ihr eurem Volk die Gegenwart und die Zukunft geraubt habt für politische Abenteurer, die für regionale Mächte arbeiten, die an Diplomatie nicht interessiert sind.
Der Krieg im Nahen Osten wird derzeit zwischen Staaten auf der einen und den religiös-revolutionären Gruppen auf der anderen Seite geführt. Der Revolutionär weiß gut, dass die Ägypter nicht über die Macht verfügen, die Fanatiker, die Nachbarn, die Freunde zu besiegen, für die es lange Zeit gekämpft hat. Er weiß, dass Ägypten nicht Tausende von Palästinensern töten wird, um seine Grenze zu verteidigen. Er weiß, dass Ägypten nicht reagieren wird wie die Jordanier, aber er hofft darauf. Du weißt nicht, wie der extremistische Revolutionär denkt, aber er weiß, wie du denkst. Kannst du einen lebendigen Menschen von den Höhen eines Wolkenkratzers werfen? Er tut es, ohne mit der Wimper zu zucken. Kannst Du einen Menschen vor laufender Kamera schlachten? Er kann es.
Darum braucht es eine neue Politik, in deren Rahmen den Mördern nicht gesagt wird ‚Hallo und Friede mit Dir, Bruder‚ komm, mein widerspenstiger Bruder, der du über Raketen verfügst, komm und zerstöre mein Leben, komm und durchbreche meine Grenze, komm, lass uns einen Dialog führen’.
Ali Salem ist ein ägyptischer Dramatiker und Satiriker. Wegen seines Aufrufs zur Anerkennung Israels wurde er vom ägyptischen Schriftstellerverband ausgeschlossen und zu kultureller Isolation verurteilt.
(Haaretz, 11.02.08)
Deutsche Übersetzung: Israelische Botschaft in Berlin |