Hallo Connor,
das Szenario ist zwar nur eindimensional, aber im Prinzip realistisch.
Um wirklich zu verstehen, wie die Zukunft des Abendlandes (gemeint ist unsere faustische Kultur) aussieht, sollte man sich rechtzeitig mit den Schriften des deutschen Kulturphilosophen Oswald Spengler vertraut machen.
In seinem Hauptwerk „Der Untergang des Abendlandes“ beschrieb er vor knapp hundert Jahren, was dem Abendland droht und was nicht mehr abgewendet werden kann, was bestenfalls noch durch „hundert Jahre preußischen Sozialismus“ notdürftig hinausgeschoben werden kann.
Ich darf hier mal ein paar Zitate anbringen.
(Beschreibung der Ist-Situation):
„Aber ebenso titanisch ist nun der Ansturm des Geldes auf diese geistige Macht. Auch die Industrie ist noch erdverbunden wie das Bauerntum. Sie hat ihren Standort und ihre dem Boden entströmenden Quellen der Stoffe. Nur die Hochfinanz ist GANZ frei, ganz ungreifbar. Die Banken und damit die Börsen haben sich seit 1789 am Kreditbedürfnis der ins Ungeheure wachsenden Industrie zur eigenen Macht entwickelt und sie wollen, wie das Geld in ALLEN Zivilisationen, die EINZIGE Macht sein. Das uralte Ringen zwischen erzeugender und erobernder Wirtschaft erhebt sich zu einem schweigenden Riesenkampf der Geister, der auf dem Boden der Weltstädte ausgefochten wird. Es ist der Verzweiflungskampf des technischen Denkens um seine Freiheit gegenüber dem Denken in Geld.
Die Diktatur des Geldes schreitet vor und nähert sich einem natürlich Höhepunkt, in der faustischen wie in jeder anderen Zivilisation.“
„Die PRIVATEN Mächte der Wirtschaft wollen freie Bahn für ihre Eroberung großer Vermögen. Keine Gesetzgebung soll ihnen im Wege stehen. Sie wollen die Gesetze machen, in ihrem Interesse, und sie bedienen sich dazu ihres selbstgeschaffenen Werkzeugs, der Demokratie, der bezahlten Partei.“
(Beschreibung der nahen Zukunft):
„Und nun geschieht etwas, das nur begreifen kann, wer in das Wesen des Geldes eingedrungen ist. Wäre es etwas Greifbares, so wäre sein Dasein ewig; da es aber eine Form des Denkens ist, SO ERLISCHT ES, SOBALD ES DIE WIRTSCHAFTSWELT ZU ENDE GEDACHT HAT, und zwar an Mangel an Stoff.“
„Aber damit steht das Geld am Ende seiner Erfolge, und der letzte Kampf beginnt, in welchem die Zivilisation ihre abschließende Form erhält: der zwischen Geld und Blut.
Die Heraufkunft des Cäsarismus bricht die Diktatur des Geldes und ihrer politischen Waffe, der Demokratie. Nach einem langen Triumph der weltstädtischen Wirtschaft und ihrer Interessen über die politische Gestaltungskraft erweist sich die politische Seite des Lebens doch als stärker.“
„EINE MACHT LÄSST SICH NUR DURCH EINE ANDERE STÜRZEN, nicht durch ein Prinzip, und es gibt dem Geld gegenüber keine andere. Das Geld wird nur vom Blut überwältigt und aufgehoben.“
Spengler war natürlich kein Hellseher, aber er hat mit den wissenschaftlichen Methoden seiner Zeit mehrere bereits untergegangen Kulturen untersucht und dabei erkannt, dass ihnen die grundsätzlich immer gleiche Morphologie zugrunde lag. Da auch die abendländische Kultur die gleichen Phasen durchlief wie die bereits untergegangenen Kulturen und Hochzivilisationen, war es ihm ein Leichtes, die Zukunft des Abendlandes mehr oder weniger deutlich zu prognostizieren.
Wenn wir einen Vergleich zwischen unserer sich gerade in Auflösung befindlichen abendländischen Kultur mit der letzten untergegangenen Kultur, dem Römischen Reich, ziehen wollen, befinden wir uns gerade kurz vor dem Übergang von der Republik zum Prinzipat. Da sowohl Spengler als auch Marx ziemlich tief in das Wesen des Geldes eingedrungen sind, kamen sie mehr oder weniger auch zu den gleichen Schlüssen. Das sich dem Ende zuneigende Zeitalter des Geldes ist gleichzeitig das Zeitalter der großen imperialen Kriege. Dann kommen die Cäsaren: Augustus, Tiberius, Caligula, Claudius, Nero usw. Am Ende war das große Rom dermaßen degeneriert, dass es von einer Handvoll Vandalen im Sturm erobert werden konnte.
Gruß,
R. |